Archive for März 2008

Projekt: Khariyah

März 14, 2008

Khariyah bedeutet frei aus dem Arabischen uebersetzt etwa soviel wie „Gutes tun“. Diesem Namen gerecht wird die „Khariyah English and Arabic Primary School“ in Takoradi. Sie wurde 1952 als reine Arabischschule gegruendet, ist heute oeffentlich und wird von 6 bis 12 jaehrigen Kindern verschiedener Glaubensrichtungen besucht. Unterrichtet wird in 6 Klassenstufen und arabisch gibt es fakultativ am Nachmittag.

Das Schulgebaeude steht im Zentrum Takoradis. Seine Grundmauern wirken stabil und fuer die naechsten Jahre geruestet, allerdings ist das Erscheinungsbild nicht wirklich einladend. Die Innenraeume sind karg und recht dunkel, weil die ehemals gelben Waende heute nur noch dreckig-gelb bis grau-schwarz sind. Die Bilder wirken freundlicher als das Original, weil sie ueberbelichtet sind. Sonst sehe man gar nichts.

Ich habe den Unterricht der 4. Klasse an der Khariyah besucht um mir ein Bild der Situation zu machen. Es existieren kaum Buecher, auf jeden Fall viel zu wenige fuer alle Schueler. Die Lehre findet folglich als Frontalunterricht statt, wobei die Kinder fleissig alles kopieren, was die Lehrerin an die Tafel schreibt. Ueberhaupt wirken sie sehr ordnungsbewusst. Der Lehrerin begegenen sie mit viel Respekt. Betritt sie den Raum erheben sich alle, gruessen und erkunden sich nach ihrem Wohlbefinden. Moeglich, dass der Rohrstock auf ihrem Schreibtisch seinen Teil dazu beitraegt.

Allgemein vermisse ich ein wenig das flexible, interaktive und spielerische Lernen. Andererseits habe ich selbst gemerkt wie die Kids verrueckt spielen, wenn man nur ein paar Sekunden nicht streng ist (Bild: onesecond). Hier gilt es sicherlich noch den goldenen Mittelweg zu finden.

Ich habe den Eindruck, dass man diese Schule auf vielfache Weise unterstuetzen kann und ich sehe den Willen der Schueler/innen und auch Lehrer/innen sich weiter zu entwickeln:

Naechste Woche werde ich mich selbst als Mathelehrer versuchen. Mal schauen wie man den Unterricht mit den Kindern noch gestalten kann und ob ich es schaffe ohne den Rohrstock zurecht zu kommen.

Millicent Dankwaah, die Lehrerin mit der ich zusammenarbeite, meint der theoretische Unterricht sei mitunter zu langweilig. In den Naturwissenschaften behandeln sie zurzeit den Aufbau der Pflanze, so dass ich ihr vorschlagen konnte in den naechsten Tagen gemeinsam einen Ausflug in die Umgebung zu machen, denn hier gibt es zahlreiche Regenwald-Naturschutzgebiete, also wohl auch interessante Pflanzen.

Und dann gibt es natuerlich Probleme, deren Loesung entsprechender finanzieller Mittel bedarf. Am wichtigsten hierbei: Ein neuer Anstrich um wieder Farbe (und noch mehr Motivation) in den grauen Alltag zu bringen und vor allem Buecher, mit denen auch gelernt werden kann, weil es genuegend fuer alle gibt.

Ob einer Klassenstufe, zweien oder vielleicht der ganzen Schule geholfen werden kann, haengt von euch ab. Wir zaehlen auf euch!

Jens und die Kids der Khariyah English and Arabic Primary School.

Kontoverbindung:

growtogether
Mittelbrandenburgische Sparkasse in Potsdam
Kontonr.: 3664002180
Blz.: 160 500 00
Betreff: Projekt Ghana 2008

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Komenda steht Kopf

März 13, 2008

Drei junge Maenner kommen nach Komenda. Es soll hier kein Hotel geben, deshalb wollen sie am Strand zelten. Dort angekommen geniessen sie den Tag in ihren Haengematten, baden im Meer und spazieren den weissen Sandstrand entlang, der von Palmen und dem tuerkisblauen Meer malerisch eingefasst ist. Auf ihrer Wanderung sehen sie viele Leute, die mit einer halben Seite Zeitungspapier bewaffnet und runtergelassenen Hosen im Sand hocken – oeffentliche Toiletten. Die bis zu 40 neugierigen Kinder, die die Drei staendig begleiten, werden immer wieder von  Maennern des Dorfes vertrieben. Anscheinend soll es den Dreien hier gut gehen. Wohl aus dem selben Grund bieten mehrere dieser Maenner auch an das Gepaeck der Drei zu verstauen: „Your things needs to be protected. You got me?“ Die Qual der Wahl habend muessen verschiedene Angebote abgelehnt werden und schliesslich landen die Rucksaecke im Haus des Chiefs. Protected gehen die Drei mit dem Vermittler der neuen Unterkunft essen. Anschliessend heisst es ploetzlich: „The Chief wants to know the purpose of your visit!“ Eine viertel Stunde spaeter sitzen, sitzen, sitzen und sitzen und sitzen die Drei, wie die Huehner auf der Leiter, beim Chief, waehrend dem Vermittler eine Standpauke gehalten wird. Auf Fanti – die Drei verstehen also kein Wort. Von den verzweifelten Erklaerungsversuchen und Kniefaellen des Vermittlers gelangweilt, wendet sich der Chief den Dreien zu: „Gentleman, first: Welcome“. Und dann erklaert er ihnen er komme grad von einer Dienstreise wieder. Er, der Koenig dieser Region, will mit seiner Gefolgschaft in sein Haus und was er dort findet sind unsere Sachen. Deshalb sei er etwas aufgebracht. Durch einen eleganten Mix aus Entschuldigung und Schuld-von-sich-schieben schaffen es die Drei der Situation zu entkommen. Der Chief empfiehlt zur eigenen Sicherheit ein Hotel zu nehmen, das ihnen der Vermittler zeigen wird. Dort angekommen lassen zwei der Drei den Abend mit dem Vermittler ausklingen. Der selbsternannte Big-Boy berichtet, dass er in Accra wohnt, in Komenda eine Tankstelle besitzt und zurzeit hier seine Frau besucht. In Komenda hersche Freiheit. Es gebe einen alten Sklavenkeller, Marihuana, ein Waisenhaus fuer aidskranke Kinder, Koks und Heroin. „Who wants to make business makes it here. In Komenda you can make business“, spricht der Vermittler, entschuldigt sich und tapft in die Dunkelheit nach Hause.

Keine Sorge, weiter ist uns nichts passiert und sicherlich ist in Komenda mittlerweile wieder Ruhe eingekehrt. Wir befinden uns augenblicklich in Takoradi, an der Westkueste Ghanas. Morgen habe ich meinen ersten Termin in einer Schule, nachdem ich heute kurz mit der Lehrerin gesprochen habe. Es koennen also bald auch serioesere Berichte erwartet werden.

Bis dahin, liebe Gruesse jens

Mit Kindern

März 10, 2008

Kofi ist 10 Jahre alt und lebt im Shai-Hills Nationalpark nordoestlich von Accra. Am 6. Maerz 2008 kommt er nach Hause:

„Mama, Mama!?“

„Ja, Kofi. Was ist denn? Warum so aufgeregt? Komm ich bin am Brunnen die Kleider waschen.“

„Ich war unten bei dem verfallenen Hotel und hab Obrunis gesehen!“

„Du weisst doch die kommen manchmal um auf die Berge zu klettern und ueber die Landschaft zu schauen.“

„Ja, Mama, ich weiss! Ich hab mit ihnen gesprochen. Die anderen Kinder und ich wollten auf der roten Schotterpiste spielen gehen. Fusball, mit der gruenen Kugel. Als wir die Obrunis gesehen haben hatten die anderen erst Angst, aber ich bin gleich auf sie zu. Erst als der eine mit einem grossen schwarzen Ding auf mich gezeigt hat bin ich stehengeblieben. Aber dann hat er mich gefragt wie ich heisse.“

„Und, was hast du ihm gesagt?“

„Erst Patrick, da meinte er, der Name klingt fuer ihn nicht afrikanisch. Als ich ihm dann Kofi gesagt hab, hat er mich gar nicht mehr verstanden. Er kenne es nicht, dass man zwei verschiedene Namen in der Schule und zuhause hat. Das Kofi Freitag bedeutet und ich so heisse, weil ich am Freitag geboren bin, musste ich ihm auch erklaeren. Na wenigstens wusste er, dass grade Afrikameisterschaften in Ghana waren. Er hat gefragt wie wir abgeschnitten haben und da musste ich ihm vom dritten Platz erzaehlen. Ich glaube er hat gemerkt, wie ich ein bisschen traurig wurde. Aber wie soll ich mich auch freuen, wenn alle gesagt haben wir koennten gewinnen. Zum Glueck bin ich auf andere Gedanken gekommen als wir sein Zelt aufgebaut haben. Ich hab ihm ganz schoen geholfen und als wir zusammen gearbeitet haben, hab ich gemerkt, dass er gar kein Twi versteht. Ich bin ja nicht so und deshalb hab ich ihm auch das noch beigebracht. Er hatte so ein kleines orangenes Buch und da haben wir alles reingeschrieben. Er auf Englisch ich auf Twi. Jetzt denkt er die Leute ueberall verstehen zu koennen. Er will wieder zurueck nach Accra und von dort aus die Kueste Richtung Westen reisen. Der wird sich ganz schoen wundern, wenn ihn bald keiner mehr versteht. Ich hab ihm nicht verraten, dass jede unser ueber hundert Volksgruppen eine eigene Sprache besitzt.“

„Du bist mir ja ein toller Guide!“

„Ach, Mama, er wird das schon rausfinden.“

„Sicherlich, aber jetzt ab, schlafen gehen, mein Grosser!“

„Mama, du hast gar nicht gefragt was das schwarze Ding war. Irgendwann hab ich naehmlich rausgefunden, dass er damit Fotos macht und dann hab ich ihn nicht mehr in Ruhe gelassen,k bis ich auch fotografieren durfte!“

„Na du bist mir ein Held, aber auch die muessen ins Bett!“

„Ja, ja, ich geh ja schon…“

Obruni – Bezeichnung fuer weisshaeutige Menschen. Wir hoeren dieses Wort circa 1423mal am Tag.

Fotos – haben wir wirklich gemacht, aber es klappt hier mit dem Upload nicht. Ich verbleibe mit der Bitte um Nachsicht.

Liebe Gruesse jens

Aus Accra

März 10, 2008

Vom tropischen Klima etwas matt bewegen wir (Stephan, Schaumi (2 Komillitonen) und ich) uns in Accra, der Hauptstadt Ghanas. Seit 3 1/2 Tagen schwitzen wir ununterbrochen und auf unserer Haut bildet sich eine klebrige Schicht aus Schweiss, Sonnencreme und Nobite, eine etwas agressivere Autan-Variante.

Accras Facettenreichtum ist beeindruckend und scheinbar hat die Stadt fuer jeden Blickwinkel zwei Gesichter parat:

Auf einer Strasse nahe der komplett zugebauten Kueste laesst uns David kaum passieren. Als wir sein Angebot ausschlagen uns fuer einen Wucherpreis zum Strand zu bringen, wird er unfreundlich und den ehemaligen „Freunden“ wuenscht er nun sie moegen es ueberleben, wenn er an der naechsten Kreuzung nicht mehr bei ihnen ist. Im Gegensatz zu diesem Versuch sich an Touristen zu bereicher steht die Ehrlichkeit, die wir viel haefiger antreffen. Verkaeuferinnen, die kaum mehr verdienen als zum taeglichen Ueberleben noetig, bestehen auf ein faires Geschaeft und nehmen selbst kleine Restgeldbetraege nicht als Geschenk an. Wenn sie nicht rausgeben koennen gibt es halt noch eine Banane mehr.

Auch die Geruchswelt ist voller Kontraste. Als ich am ersten morgen unser Hotel verlasse wirft mich der Gestank fast um: Offene Abwasserkanaele in der prallen Sonne, Abgase alter Autos und der Rauch von brennendem Muell. Ich mache mir Sorgen um meine Gesundheit und wuerde gerne die Nase unter’s T-Shirt stecken, aber dort wartet ja diese Schweiss-Sonnencreme-Autan-Mixtur. Andere Gassen moechte man kaum wieder verlassen. Sie sind voll mit frisch-saftigen Kokosnuessen, Orangen, Mangos und Ananas. Es gibt gegrilltes Fleisch, Fisch, Kochbananen und Reis. Die gut gewuerzten Speisen lassen ein immer wieder an diesen Orten Verweilen.

Nur eins ist in Accra immer gleich: Es ist tierisch voll. Es scheint als versammle sich halb Ghana in Down Town um dort auf Strassen und Gehwegen seine Geschaefte zu taetigen.

Erst Abends, wenn die Menschenmassen in Sammeltaxis aus der Innenstadt in die Peripherie rollen, wird es ruhiger. Man geniesst in den nun ruhigeren Strassen Ghanaisches Bier und diskutiert angeregt. Bei den Temperaturen reichen 0,625 Liter und man schlaeft, nachdem man gemuetlich nach Hause geschlendert ist, schnell ein. Als wir zwei Tage spaeter so einen Abend an der Hotelbar wiederholen wollen, laeuft Reggaemusik und auch ein stadtweiter Stromausfall kann der entspannten Stimmung keinen Abbruch tun. Vollkommen unvorhersehbar entwickelt sich eine Schlaegerei zwischen zwei Gruppen, in die auch unser Kellner verwickelt ist. Es bleibt harmlos. Aber wieder werden mir die zwei Gesichter der Stadt bewusst.

Ich merke wie schwer es mir noch faellt, Situationen richtig einzuschaetzen und ein Gespuer fuer die Absichten und Mentalitaet der Menschen zu entwickeln.

Nur spuere ich wie es mich erst einmal aus dieser Stadt zieht.

Abschlussbericht

März 2, 2008

Besser spät als. Deshalb hier und heute noch eine Zusammenfassung der Geschehnisse seit unserem letzten Beitrag aus der Mongolei:

Nach dem letzten Bericht haben wir einige Tage die Naturparks um Khovd bereist. Einige Bilder von diesen Tagen und der Rückreise von Khovd nach Ulan Bator findet ihr bei flickr (http://www.flickr.com/photos/23006219@N04/), aber jetzt zu dem was noch in Khovd passierte. Als wir zurückkamen ging’s natürlich zuerst ins Internetcafé:

Yes! 917 Euro!

Deshalb als erstes hier nochmal die Namen all derer die den Erfolg mitgetragen haben. Noch eine kleine Sache vorweg: Wir wollen bei allen growtogether-Projekten, die in Zukunft noch realisiert werden, nie wieder in der Betreff-Zeile lesen: „Mehr geht nicht.“ Denn mehr soll auch nicht gehen. Jeder trägt seinen Teil bei, ob 200 oder 5 Euro. Es ist der Wille der zählt und wir haben uns durch jeden Namen auf dem Kontoauszug sehr geehrt gefühlt. Die Gemeinschaft hat ermöglicht, was wir uns vorgenommen hatten.

Lorenz Koehler, Sara Koenitzer, Malte Kamrath, Elisabeth Funke und Mama, Bastian Schroeder, Stefanie Grosswendt, Sophie Moeller, Eva Laux, Clara Biermann, Jonas Eschenburg, Dietrich und Ursula Mueller, Dr. Roland Pieringer, Antje Ballentin, Katja Ballentin, Sylvie Ballentin, Sara Kamrath, Nora Graf, Leila Bekri, Lars Matthes, Dirk Dudenhoeffer und Steppi, Kerstin und Ralph Ballentin, Philipp Hoffmann, Franziska Steinle, Jerome Lutz, Merle Röhr, Sarah Buschbeck, Karin Müller, Olivia Kotzur, Jörn Ballentin!

Voller Stolz konnten wir also die Bücher bei Langenscheidt bestellen. Leider konnten wir nicht mehr miterleben, wie die Materialien rege in Gebrauch genommen werden, aber uns wurden einige Bilder zugesandt. Ein wenig gestellt ist das Szenario wohl schon, findet der Unterricht doch normalerweise im Klassenraum und nicht in der Bibliothek statt. Besondere Motivation beim Lernen zu zeigen bedürfte jedoch nach unseren Erfahrungen keiner großen schauspielerischen Qualitäten.

Das im letzten Beitrag angesprochene Videoprojekt, die Verfilmung eines Märchens von Leo Tostoi, konnte erfolgreich umgesetzt werden. Nach unserer Rückkehr aus den National-Parks um Khovd konnten die Studentinnen ihre Texte auswendig, hatten Kostüme organisiert und wir drehten an einem Nachmittag ein ganz besonderes Abschlussvideo. Vor wenigen Wochen schickten wir die fertig gescnhittene DVD nach Khovd. Ein wunderbares Andenken an eine Zusammenarbeit die beide Seiten bereicherte!

Bücher1Bücher2Bücher3

lernen1lernen2lernen3

Videodreh4 Videodreh3

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